Alfred Lang

University of Bern, Switzerland

Report Arcticle 1995

Die Philosophisch-historische Fakultät verleiht die Würde eines Doctor philosophiae honoris causa Herrn Ernst. E. Boesch, Saarbrücken -- Laudatio und Biographie

1992.12

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Jahresbericht für das Studienjahr 1991/92 der Universität Bern: Ehrungen am dies academicus 1992, 5. Dezember 1992. Bern, Universität, S. 132f.

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Laudatio

Ernst E. Boesch qui psychologus sagaci mente admirabilique doctrina praeditus aliis gentibus aliarum ingenia mores instituta illustravit; qui culturae psychologiam quae appellatur notstro tempore dignam cum primis postulavit excogitavit delineavit; qui psychologis quasi pontem quendam exstruxit quo scientiarum naturalium rationes coniungere possent com studiis humanioribus.

Ernst E. Boesch, dem feinsinnigen Psychologen und Vermittler zwischen Kulturen, dem Anreger einer modernen Kultur-Psychologie, dem Brückenbauer zwischen naturwissenschaftlichem und geisteswissenschaftlichem Denken in der Psychologie.

 

Biographie

Ernst E. Boesch wurde am 26.12.1916 in St. Gallen geboren. Sein Studium der Psychologie, der Philosophie und der Pädagogik an der Universität Genf schloss er 1946 mit einer Arbeit über L´organisation d´un service de psychologie scolaire ab. Anstatt der von Jean Piaget angebotenen Assistentenstelle hatte er 1943 eine Aufgabe in der Praxis als Schulpsychologe im Kanton St. Gallen angenommen. Dort unternahm er testpsychologische Studien über die intellektuelle Entwicklung in der Adoleszenz, unterzog sich einer psychoanalytischen Ausbildung und gewann erste fremdkulturelle Einblicke als Berater im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen. Das Buch L´exploration du caractère de l´enfant (1952) ist ein Ergebnis der Erfahrungen dieser Jahre.

1951 erhielt er einen Ruf an die neugegründete Universität des Saarlandes und übernahm den Auftrag, an der zunächst noch zwischen der französischen und der deutschen Tradition offenen "Europäischen Universität" ein psychologisches Institut zu gründen und aufzubauen. Dieses leitete er bis Ende der 60er Jahre als einziger Professor und gehörte ihm bis zu seiner Emeritierung (1982) an. Die Jahre 1955-58 verbrachte er im Auftrag der UNESCO in Thailand, um das neue "International Institute for Child Study" in Bangkok zu leiten und als Berater der Regierung Thailands in Fragen des Bildungswesens zu dienen.

Dieser Aufenthalt brachte Ernst Boesch grundlegende Einsichten zum Verhältnis zwischen den Kulturen, welche seine weitere wissenschaftliche Entwicklung prägten. Den üblichen Erwartungen des Wissens-Transfers aus den Industriegesellschaften in die Entwicklungsländer, dem vorherrschenden Paradigma der instrumentell-kulturvergleichenden Forschung wie überhaupt dem exklusiv-naturwissenschaftlichen Denken in der Psychologie begann er seit den frühen 60er Jahren so behutsam wie beharrlich den Gedanken entgegenzusetzen, dass die Entwicklung und das Handeln der Menschen nur in ihrem eigenen ökologischen und kulturellen Kontext angemessen zu verstehen sei. Damit rückte für Ernst Boesch die Thematik von Kultur und Handlung (1980) in den Brennpunkt der Psychologie, wie sie im Zuge der positivistischen Orientierung dieses Faches im 20. Jahrhundert wenig Beachtung mehr gefunden hatte.

Auf Anregung von Ernst Boesch gründete die Universität des Saarlandes die "Sozialpsychologische Forschungsstelle für Entwicklungsplanung", welche bis heute die Arbeit und die internationalen Verbindungen auch des psychologischen Instituts geprägt hat. Seine handlungstheoretisch angelegte Kulturpsychologie verbindet in genuiner Weise Ideen aus verschiedenartigen Traditionen von Pierre Janet und Siegmund Freud über Jean Piaget und Kurt Lewin bis zur strukturalistischen Kulturanthropologie, der Kunsttheorie und der Humanökologie. Anstrengungen misslangen, ein Zentrum ähnlicher Zielsetzung in der Schweiz aufzubauen.

Seit den 60er Jahren hat Ernst Boesch diese Denkweise in ihren vielfältigen Facetten in zahlreichen Aufsätzen und Vorträgen sowie in einer stattlichen Reihe von Büchern ausformuliert und verfeinert und kürzlich in seinem Buch Symbolic Action Theory and Cultural Psychology (1991) im Zusammenhang dargestellt. Die Fruchtbarkeit seines theoretischen Ansatzes hat er an vielfältigen Themen aus der psychologischen Theorie und Praxis des kulturellen Wandels illustriert, darunter: Kulturpsychologie der Erziehung und Bildung, Rassenvorurteil, Flüchtlings- und Migrationsprobleme, Bedeutung der Dinge, Körperlichkeit und Identität, Schönheit, Magie und Mythos.

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